Herzfrequenzvariabilität und Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist die Herzfrequenzvariabilität (HRV) ein Maß für das Gleichgewicht zwischen Yin- und Yang-Energie im Körper.
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Inhaltsverzeichnis

Das Prinzip der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist ein ganzheitliches Medizinsystem, das auf einer langen praktischen und philosophischen Tradition in China basiert. Während die westliche Medizin auf wissenschaftliche Methoden und evidenzbasierte Ansätze setzt, verwendet die TCM eine Kombination aus empirischer Beobachtung, Philosophie, Diagnose und Behandlungsmethoden. TCM gilt als wirksamer bei der Behandlung chronischer Erkrankungen und wird oft ergänzend zu anderen Formen der Medizin eingesetzt.

Der wesentliche Unterschied zwischen der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) und der westlichen Medizin besteht darin, dass die TCM Gesundheit und Wohlbefinden als Gleichgewicht der Energieflüsse im Körper betrachtet, während sich die westliche Medizin eher auf die Behandlung bestimmter Krankheiten und deren Symptome konzentriert.

In den letzten Jahren ist eine zunehmende Integration zwischen den beiden medizinischen Systemen zu beobachten und TCM-Praktiken verschmelzen zunehmend mit der westlichen Medizin. Eine erstaunliche Verbindung dieser beiden Welten ist die Herfzfrequenzvariabilität als zentraler Indikator für die Balance des autonomen Nervensystems, das in der TCM seine Entsprechung im energetischen Ausgleich (Qi) findet.

Diagnose von Krankheiten in der TCM mithilfe der HRV

Ein Ungleichgewicht im Energiesystem bzw. Qi-Fluss des Körpers kann zu verschiedenen Gesundheitsproblemen führen, einschließlich Schwankungen der Herzfrequenz (HRV). Die HRV gilt als Indikator für den gesamten Energiefluss im ganzen Körper, und ihr Niveau kann das Gleichgewicht zwischen dem sympathischen und dem parasympathischen Nervensystem anzeigen.

Die Diagnose von Krankheiten in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) erfolgt ganzheitlich und berücksichtigt verschiedene Aspekte des Körpers und des Menschen. Neben der Befragung zu Symptomen, Lebensstil und Ernährung und der Beobachtung der äußeren Erscheinung von Hautfarbe, Zunge, Augen, Körperbau und Haltung ist das Abtasten des Pulses ein zentrale Methode.

Der Arzt Wang Shu-He (ca. 180 bis 270 n. Chr.) ist bekannt als einer der Pioniere der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Er hat einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Diagnose- und Therapieverfahren in der TCM geleistet. Eines seiner bedeutendsten Werke ist das „Pulse Studies“ (Mai Jing), das als eine der frühesten und umfassendsten Abhandlungen über die Pulsdiagnose in der chinesischen Medizin gilt. In diesem Werk beschreibt Wang Shu-He nicht nur die Techniken zur Pulsmessung, sondern auch die Bedeutung von verschiedenen Pulsqualitäten und Rhythmen. Einige der von ihm beschriebenen Aspekte des Pulses wurden später mit der Herzfrequenzvariabilität (HRV) in Verbindung gebracht.

Obwohl der Begriff „Herzratenvariabilität“ (HRV) erst in jüngerer Zeit geprägt wurde, ist die Idee der Beobachtung von Variabilität im Herzrhythmus in der TCM schon seit Jahrhunderten bekannt. Wang Shu-He war einer der ersten, der die Beziehung zwischen dem Herz und anderen Organen und Geweben des Körpers untersuchte und beschrieb.

Wenn das Herz so regelmäßig wie das Klopfen eines Spechtes oder das Tröpfeln des Regens auf dem Dach wird, wird der Patient innerhalb von 4 Tagen sterben.

(Wang Shu-He, 180-270 n. Chr.)

In der TCM wird das Herz als zentrales Organ betrachtet, das den Fluss von Qi (Lebensenergie) und Blut im Körper reguliert. Wang Shu-He erkannte, dass die Variabilität des Herzrhythmus ein wichtiger Indikator für die Gesundheit des Herzens und des gesamten Körpers ist. Er entwickelte Diagnose- und Therapiemethoden, die darauf abzielen, die Qi- und Blutzirkulation im Körper zu verbessern und dadurch die Herzfunktion und die allgemeine Gesundheit zu unterstützen.

Die HRV ist ein komplementäres diagnostisches Verfahren, das in der TCM eingesetzt wird, um das Qi-Gleichgewicht im Körper zu beurteilen und eine individuelle, auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmte Behandlung zu empfehlen. Die HRV kann helfen, Anomalien im Qi-Fluss zu erkennen und einen Leitfaden für die Behandlung dieser Probleme durch eine maßgeschneiderte Behandlung bieten. Durch die Messung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) kann ein TCM-Praktiker die Beziehung zwischen dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem bestimmen und Rückschlüsse auf das gesamte Qi-Gleichgewicht ziehen. Eine niedrige HRV kann darauf hindeuten, dass der Sympathikus die Kontrolle hat und der Körper gestresst ist, während eine hohe HRV darauf hinweisen kann, dass der Parasympathikus aktiv ist und der Körper sich entspannt und regeneriert (Zur Messung der HRV siehe auch: Messung und Berechnung der Herzfrequenzvariabilität).

Therapieansätze der TCM zur Verbesserung der HRV

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) setzt verschiedene Behandlungen ein, um das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang-Energie im Körper wiederherzustellen und den Energiefluss zu verbessern.

Akupunktur

Eine mögliche Behandlung bei niedriger HRV ist die Akupunktur. Durch das Setzen von Nadeln an bestimmten Akupunkturpunkten kann der TCM-Praktiker das Qi im Körper stimulieren und das Gleichgewicht zwischen dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem wiederherstellen. Auch eine Kräutermedizin kann verschrieben werden, um das Qi zu stärken und das autonome Nervensystem zu regulieren. Eine Studie aus dem Jahr 2014 (1) untersuchte die Wirkung von Akupunktur auf die HRV bei Patienten mit Schlafstörungen. Die Ergebnisse zeigten, dass die HRV in der Gruppe, die Akupunktur erhielt, signifikant höher war als in der Kontrollgruppe.

Ernährung und Kräutermedizin

Eine weitere Möglichkeit ist die TCM-Diätetik, bei der der TCM-Praktiker eine individuelle Diät empfiehlt, um das Qi-Gleichgewicht zu unterstützen. Zum Beispiel kann empfohlen werden, Nahrungsmittel zu meiden, die das sympathische Nervensystem stimulieren, wie Kaffee und scharfe Gewürze, und stattdessen Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, die das parasympathische Nervensystem stimulieren, wie beruhigende Kräutertees und warme, gekochte Speisen. Einige Nahrungsmittel, die in der TCM empfohlen werden, um die HRV zu erhöhen, sind:

  • Ingwer
  • Knoblauch
  • Grüner Tee
  • Hühnchen
  • Pilze
  • Seetang

Eine weitere ergänzende Säule ist die chinesische Kräutermedizin: einige Kräuter in der TCM haben eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem, verbessern die Durchblutung und regulieren den Hormonhaushalt, was wiederum die HRV verbessern kann. Eine Studie aus dem Jahr 2020 (2) untersuchte die Wirkung von Kräutermedizin auf die HRV bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit. Die Ergebnisse zeigten, dass Kräutermedizin die HRV signifikant verbesserte und somit ein vielversprechender Ansatz zur Prävention und Behandlung von Herzkrankheiten sein könnte.

Manuelle Behandlung: Massage und Schröpfen

Eine andere Möglichkeit ist die TCM-Massage oder Tuina, bei der der TCM-Praktiker spezielle Massage-Techniken verwendet, um das Qi im Körper zu stimulieren und das autonome Nervensystem zu regulieren. Auch Bewegungsübungen wie Qi Gong und Tai Chi können dazu beitragen, das Qi-Gleichgewicht im Körper zu unterstützen und die HRV zu erhöhen. Beim Schröpfen werden spezielle Gläser auf die Haut gesetzt und ein Unterdruck erzeugt, um das Qi im Körper zu stimulieren und Verspannungen zu lösen.

Bewegung: Qi Gong und Tai Chi

Qi Gong und Tai Chi sind traditionelle chinesische Bewegungsformen, die auf langsamen, fließenden Bewegungen beruhen. Diese Übungen sollen helfen, das Qi im Körper zu regulieren und das Gleichgewicht zwischen dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem zu verbessern. Indem man sich auf die Atmung und die Bewegungen konzentriert, kann man Stress und Angst reduzieren und eine höhere HRV erreichen. In einer Studie aus dem Jahr 2016 (3) wurde die Wirkung von Tai Chi auf die HRV bei älteren Menschen mit Depressionen untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass Tai Chi die HRV verbesserte und somit ein möglicher Ansatz zur Prävention und Behandlung von Depressionen sein könnte.

Fazit: Die HRV als „Qi-Meter der Schulmedizin“

Obwohl „Yin und Yang“ und Sympathikus und Parasympathikus Konzepte aus verschiedenen medizinischen Traditionen sind, gibt es erstaunliche Parallelen zwischen ihnen:

  1. Gegensätzlichkeit: Sowohl „Yin und Yang“ als auch Sympathikus und Parasympathikus stellen entgegengesetzte Kräfte dar, die im Körper im Gleichgewicht sein sollten. Im Yin und Yang-Konzept geht es um das Gleichgewicht zwischen den passiven (Yin) und aktiven (Yang) Kräften im Körper, während Sympathikus und Parasympathikus den Körper im Gleichgewicht halten, indem sie gegensätzliche Körperreaktionen regulieren.
  2. Interaktion: In beiden Konzepten interagieren die entgegengesetzten Kräfte miteinander, um das Gleichgewicht im Körper aufrechtzuerhalten. So regulieren Sympathikus und Parasympathikus verschiedene Körperreaktionen und arbeiten zusammen, um das Gleichgewicht im Körper zu halten, während Yin und Yang-Kräfte im Körper sich gegenseitig beeinflussen und harmonisieren.
  3. Bedeutung für die Gesundheit: Sowohl „Yin und Yang“ als auch Sympathikus und Parasympathikus spielen eine wichtige Rolle für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Körpers. Ein Ungleichgewicht zwischen Yin und Yang-Kräften kann in der TCM zu verschiedenen Krankheiten führen, während ein Ungleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus im autonomen Nervensystem zu Störungen im Körper führen kann.

Quellen:

(1) Wang, Y., Feng, Y., Che, Y., Wang, L., Zhang, Y., Zhang, W., & Liang, Y. (2014). Effects of acupuncture on heart rate variability in sleep disorders: a systematic review and meta-analysis. Evidence-based complementary and alternative medicine, 2014.

(2) Zhang, Q., Guo, J., Jin, Z., Dong, J., Zhang, X., & Wang, L. (2020). Effects of Chinese Herbal Medicine on Heart Rate Variability in Patients with Coronary Artery Disease: A Systematic Review and Meta-Analysis. Evidence-based Complementary and Alternative Medicine, 2020

(3) Tsang, H. W. H., Fung, K. M. T., Chan, A. S., & Lee, G. (2016). Effect of Tai Chi on depressive symptoms amongst Chinese older patients with depressive disorders: a randomized clinical trial. International Journal of Geriatric Psychiatry, 31(10), 1093-1100.

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